Irène Schweizer (*1941) ist Pianistin und Schlagzeugerin. Sie ist in Schaffhausen aufgewachsen, spielte als Kind Handorgel und begann dann, sich autodidaktisch mit Klavier und Schlagzeug zu befassen, bevor sie Unterricht bei einem Privatlehrer nahm. Parallel zum Besuch der Handelsschule und einer Arbeit als Sekretärin spielte sie in verschiedenen Formationen Blues, Dixie, Boogie-Woogie und Ragtime und wandte sich Ende der 1950er Jahre dem Modern Jazz zu. Prägend waren ein zweijähriger Aufenthalt in London, wo Eddie Thompson sie ins «Great American Songbook» einführte sowie Begegnungen mit Abdullah Ibrahim, Chris McGregor, Cecil Taylor und später v.a. mit Lindsay Cooper. Seit 1976, als sie beim Jazz-Festival Willisau einen spektakulären Erfolg feierte, spielte sie auch Solo-Konzerte und gilt als eine der Begründerinnen des modernen und des europäischen Free Jazz. Neben ihrer weltweiten Konzerttätigkeit veröffentlichte sie bahn-brechende Solo- und Duo-Alben mit führenden Jazz-Schlagzeugern wie Pierre Favre, Joey Baron oder dem Südafrikaner Louis Moholo (mit einem Manifest gegen das Apartheidregime) und war Mitbegründerin des ‹Taktlos-Festival› und des Jazzlabels ‹Intakt Records›.
Mit der ‹Feminist Improvising Group› und der Formation ‹Les Diaboliques› prägte sie die musikalische Frauen-bewegung Europas entscheidend. Ihr Klavierspiel ist schnörkellos, rhythmisch, oft auch perkussiv und immer wieder mit eigensinnigen Interpretationen von Jazz-klassikern versehen. Im Sommer 2021, nach ihrem Album «Celebration», beschloss Irène Schweizer, sich vom Konzertbetrieb zurückzuziehen. Für ihr künstlerisches Werk wurde sie unter anderem mit dem Kunstpreis der Stadt Zürich (1991), dem Sonderpreis der deutschen Schall-plattenkritik (2013) und dem Schweizer ‹Grand Prix Musik› (2018) ausgezeichnet. Zudem wurde das Leben der Jazzmusikerin in einem abendfüllenden Film von Gita Gsell (2005) und einer wissenschaftlichen Biographie von Christian Broecking (2016) umfassend dokumentiert.